Wilhelm W. Reinke
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Dank des Künstlers

DIE ZEIT /// 17. Dezember 1992

Geschafft!

Applaus, meint der große Bernhard Minetti, „ist nicht vorhersehbar. Ist er spontan - so ist er herrlich...“ „Dank des Künstlers“ heißt der repräsentierte Band von Wilhelm W. Reinke, der in der Edition q Berlin erschien (128 Seiten, gebunden, 78 DM). Es ist eine Foto- und Autogrammsammlung ganz eigener Art: Eine Vorstellung ist vorbei, bald schon wird eine andere beginnen. Applaus ist das Lebenselixier in diesem besonderen Moment, in dem noch die Erregung des Spiels lebt und auch schon die Müdigkeit danach. Und die Künstler möchten wohl gern jeden der Applaudierenden einzeln umarmen. Wie sie den Beifall entgegennehmen, sagt viel über ihren Charakter, ihre Befindlichkeit. Der Fotograf Wilhelm W. Reinke hat 52 internationale Stars der Musik und des Theaters in diesen Momenten beobachtet: Minetti in stiller Ergebenheit, Milva in ihrem Jubel, Johannes Heesters küßt einer Dame die Hand, Gisela May mit Blumenstrauß, Lotti Huber mit Riesengeste, Udo Jürgens in der Pose des Siegers, Dieter Mann ging in die Knie...

In jedem der Bilder ist die Achtung des Fotografen vor der Leistung seines „Modells“ abzulesen. Und ist es nicht seltsam: Man glaubt den Beifall zu hören und empfindet für einen Moment selbst dieses Glück...

GÜNTER GÖRTZ

 

DIE WELT /// 10. Dezember 1992

Verbeugungen vor dem Publikum.
Der Geküßte küßt zurück.

Wir kennen die Künstler spielend, singend, tanzend, sich präsentierend, Autogramme gebend. Aber nur sehr kurz erleben wir sie dankend. Ja, wenn wir sie mit unserem Applaus auf die Bühne holen, ist es manchmal auch ein Erzwingen. Manchmal ist es unser Herrschaftsbeweis, daß auch sie nichts als Marionetten unserer Gunstbezeugung sind.
Jetzt liegt vor uns ein außergewöhnlicher Fotoband: Stars aus Konzert, Schauspiel, Oper, Musical, Kabarett und Show bedanken sich; von manchen sehen wir nur den Hinterkopf, manche verbeugen sich demütig wie Mönche, manche stolz wie Toreros.
Der Fotograf Reinke dokumentiert diese Augenblicke des Triumphes, der Anerkennung, der Erschöpfung. Ihre Haltung ist das Echo des Applauses. Peter Lufft erzählt uns in einem einfühlsamen Vorwort, seit wann es Applaus und wie viele verschiedene Arten es gibt. Man winkte mit der Toga, man schnalzte, pfiff, zischte, klatschte begeistert, schrie „da capo“ oder schwieg. Und auf alles reagieren sie, die gerade agiert haben.
Entsprechen einander der Dank des Publikums und der Dank des Künstlers? Wie verschieden sind sie doch, die Gesten der Danksagung. Halb ist er noch die Rolle, die er gerade spielte, halb ist er wieder das andere Ich. Mal lächelt er als Wiederauferstandener, wenn er gerade auf der Bühne gestorben ist, mal lächelt er etwas verlegen: „So groß war doch meine Rolle gar nicht, daß ihr mir so dankt.“
Ich habe bei dem großen Schauspieler Paul Bildt erlebt, daß er bei einer seiner tiefen Verbeugungen selbst bravo rief und dann erschreckt, erstaunt, erfreut hochschaute, um zu entdecken, wer ihn denn so ehre. Der Künstler spürt es sofort, ist es ein spontan herzlicher oder bloß ein üblicher, ein gelangweilt-routinierter Applaus. Ist es ein verständiges oder ratloses Zustimmen.
Neben den Porträts in diesem Buch hat der konterfeite Künstler seine Meinung zu diesen Momenten gesagt. Will Quadflieg ist dankbar, daß er es geschafft hat. Für Marlene Dietrich war die Bühne das einzige Paradies. Manche danken überschwenglich, manche eher verhalten, beinahe nobel. Manchmal sind sie auch dann noch verlogen, pardon, spielen dem Publikum etwas vor.
Andere zeigen sich beim Schlußapplaus unerfüllt, manche schamlos. Aber auch das Wissen Helmut Baumanns gilt und will bedacht sein: „Applaus geht vorbei, und morgen ist ein anderer Tag.“ Evelyn Hamann fühlt sich vom Publikum umarmt und schlägt die Hände vor das Gesicht, so glücklich macht sie der kurze Moment der jubelnden Zuneigung aus dem Zuschauerraum. Martin Held dankt nicht nur dem Publikum, sondern auch dem Dichter, dessen Worte er sprechen konnte.
Das Publikum sieht nur das Ergebnis, aber „nicht die Not des langen Weges bis dorthin“ (Manfred Hilbig). Florence Lacey möchte gleich weitersingen, Ute Lemper hat einen kurzen Abstecher in die Zeitlosigkeit getan. Die „Standing Ovations“ nach einem Moment der Stille sind für Yehudi Menuhin der tiefste Dank. Die Milva lacht beseligt.
Der Fotograf zeigt uns nicht nur Haltungen, er beschreibt in einem Bild Situationen, kleine Geschichten und Schicksale. Ein Schauspieler beäugt den Applaus sehr kritisch, er möchte lieber das Wort des einzelnen als die kollektive Vereinigung des Publikums.
Helen Schneider fühlt sich geküßt und küßt zurück. Der Dank des Dankenden umschließt sie alle, die Ergriffenen, die Zweifelnden, die an falschen Stellen gelacht Habenden, die Schlafenden und die Überwachen. Es ist der Dank für Dank – auch für Undank?
Maria Wimmer löst mit ihrer Verbeugung das Band, das Publikum und Künstler umschlungen und verzaubert hatte, und jeder kann in seine Welt zurückkehren.
Das Buch möge das Publikum der ganzen Welt animieren, wie es der Prologus tut: „Nunc applaudite omnes“ – Und unser aller Dank ist Ihnen gewiß: so oder so.

AUGUST EVERDING

 

DER SPIEGEL /// 41/1992

Bühnen-Menschen im Beifall

Brigitte Mira macht einen koketten Knicks, Georg Thomalla berührt mit dem Kopf fast die Knie, Fritz Muliar schaut verschmitzt, Bernhard Minetti guckt grantig, und Lotti Huber umarmt selig die ganze Welt – Künstler im Moment des Triumphs. 52 Bühnenschaffende hat der Braunschweiger Fotograf Wilhelm W. Reinke bei der Entgegennahme von Applaus, ihrer angeblich liebsten Gage, festgehalten und daraus ein kurios-komisches Bilderbuch gemacht. „Dank des Künstlers“ (edition q: 78 Mark). Die Kamera überrascht die Bühnen-Menschen von hinten oder vorn, aus Frosch- oder Vogelperspektive, in jenem Augenblick, der noch zum Auftritt, aber nicht mehrganz zur Rolle gehört. Ob herausfordernd-stolz mit hocherhobenen Armen oder demütig-dankbar mit gesenktem Kopf, ob gespielt schüchtern oder echt ergriffen - Künstler danken mindestens so nuancenreich, wie ihr Publikum applaudiert.

VERFASSER

 

Hamburger Abendblatt /// 31. Oktober/1. November 1992

Danke sehr. Vielen Dank. Herzlichen Dank. Dankeschön...

Applaus – das ist der Treibstoff, der den Künstler von Vorstellung zu Vorstellung treibt, der Balsam für die im Clinch mit Dichterwerk und unberechenbarem Publikum wundgewetzte Seele. Aus der Haltung, in der der Gefeierte den Beifall entgegennimmt, läßt sich vieles erkennen, was ihn selbst ausmacht. Die Gesten des Dankes für den Dank sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sich im Rampenlicht verneigen oder im Taumel des Glücks mit ausgebreiteten Armen dem Olymp entgegenfliegen. Wilhelm W. Reinke, Jahrgang 1963, hat sie fotografiert – diese Momente, in denen die Anspannung von Schauspielern und Zuschauern fällt und die Freude über den gelungenen Abend beide verbindet. Aber: „Wer spricht von Siegen“, zitiert Will Quadflieg Rilke, „überstehen ist alles.“ Der Dank der Buchbetrachter ist dem Fotografen gewiß.

JOURNAL KULTURSZENE