Wilhelm W. Reinke
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Aktzitate

Bühne Leipzig /// 17. April 1998

Zurück zum Wesentlichen: Wilhelm W. Reinkes Akte
Berliner Künstler zeigt Arbeiten im Fotomuseum Mölkau

Der Titel ist Konzept: Akt als fotografisches Genre und literarischer Ursprung der Motive. Das Kamera- und Fotomuseum Mölkau stellt den Fotozyklus „Akt-Zitate“ des Berliners Wilhelm W. Reinke in seiner aktuellen Ausstellung vor. Schwarzweiß-Fotografien, mit denen der 35jährige bereits den dritten thematischen Zyklus in Folge abliefert: Nach „Dank des Künstlers“ (1992), der das Verhältnis des Kulturschaffenden auf der Bühne zu seinem Publikum beschreibt, folgte 1994 „Das Auge des Künstlers“, eine Sammlung von Porträts und Dialogen mit Prominenten über deren Sicht auf Kunst und Fotografie. Danach arbeitete Reinke bis 1996 an den „Akt-Zitaten“.
Reinke gehört zu jenen Fotografen, für die ein Foto mehr ist als ein Schnappschuß, ein in Bruchteilen von Sekunden konserviertes Stück Realität. Zu seinem Verhältnis zur Fotografie befragt, antwortete Heinz Rühmann kurz vor seinem Tod bei einem Fototermin zum Zyklus „Das Auge des Künstlers“: „Ich bitte die Menschen immer, sparsam mit dem Apparat umzugehen“. Solchen sparsamen Einsatz fotografischer Mittel und Möglichkeiten führt Reinke dem Betrachter vor Augen. Dabei ist es dem studierten Germanisten gelungen, Figuren aus nahezu 2000 Jahren Literatur – vom Alten Testament über Klassiker wie Shakespeare, Schiller und Goethe bis zu Hans Christian Andersen oder den Gebrüdern Grimm – in die Gegenwart zu holen.
Reinkes Protagonisten sind inspiriert vom zugehörigen erzählerischen Bild, obwohl er ihnen eine eigene, bisweilen eigenwillige, aber immer auch originäre Positur zuordnet. Besonders herausragend: Aufnahmen, bei denen Nacktheit als Kontrast von Sprach- und Realbild erscheint. Etwa der alte Faust, der in Stahlwolle kauernd über sein Leben zu sinnieren scheint. Oder das bäuchlings auf Kerkerstroh geworfene Gretchen als Aufschrei kreatürlicher Verzweiflung. Körperliche Präsenz wird so zur Entsprechung der literarischen Figur. Fein ausgeleuchtet, aufs Wesentliche konzentriert – seinen Szenen hat Reinke den Text dazu in ausgewogener Typographie gegenüber gestellt.

LUTZ FIEBIG

 

Braunschweiger Zeitung /// 6. November 1996

„Akt-Zitate“: Ein neues Buch des Braunschweiger Fotografen Wilhelm W. Reinke Das nackte Leben der toten Texte

„Die Metaphorizität literarischer Sprache wird in der von Wilhelm W. Reinke inszenierten fotografischen Darstellung ... in eine mit äußerster Sparsamkeit verwendete Symbolik übertragen.“ So lobt der Klappentext das neue, dritte Buch „Akt-Zitate“ des Braunschweiger Fotografen. Das heißt etwas vereinfacht, er hat sprachliche Bildhaftigkeit in bildliche Bildhaftigkeit übertragen. Oder noch schlichter: Er hat Literatur verbildlicht.
Es ist – wie üblich bei Reinke – eine originelle Idee, zumal er die Dichtung ins etwas heikle, weil ziemlich verbrauchte fotografische Genre des Aktes transformiert und ihm damit eine ungewöhnliche, fabulierende Facette abgewonnen hat. (...)
Es gibt starke Aufnahmen, bei denen die Nacktheit an kontrastiver Bedeutung gewinnt. Bei denen uns - Roland Simon-Schaefer hat in seinem Vorwort zu Recht darauf hingewiesen - die literarischen oder mythologischen Figuren in ihrer schutzlosen Körperlichkeit als Menschen „unverkleidet“ und damit wahrhaftig berühren.
Etwa der alte Faust, der kauernd in Stahlwolle über sein Leben sinniert, Gretchen in kreatürlicher Verzweiflung im Kerkerstroh oder Maria Stuart, der vom stolzen Königsweib nur das Gestänge des Reifrocks geblieben ist. Die heilige Johanna, ein zerbrechliches Mädchen mit stählern-schwerem Halsring, oder Penelope, gefangen, gebeugt unter einer durchsichtigen Folie, oder Lady Macbeth, ein fülliges Vollweib, das irre lachend seine Hände wäscht. In diesen bewegenden Bildern gelingt Reinke eine frappierende Versinnlichung der Texte, hier reibt sich die unmittelbare körperliche Präsenz der Modelle mit der erstarrten Überlieferung und erzeugt Lebenswärme. (...)
„Akt-Zitate“ ist in jedem Fall ein schönes Buch.

MARTIN JASPER

 

Wochenblatt /// 2. November

Schamlos schöner Sturz vom Sockel
Wilhelm W. Reinke im Schloß Wendhausen

Sie mögen die sich so modern gebärdende Kunst nicht? Sie verabscheuen die eitlen Possen untalentierter Großmäuler, bedauern diese Zeugnisse der Beliebigkeit, aufgeschichtet aus Hybris und Nihilismus? Dann sind sie in dieser Ausstellung endlich einmal richtig!
Wilhelm W. Reinke hat mit seinen wundervoll pulsenden Photographien den Menschen neu entdeckt. Reinke, dieser so ganz faustische Sinnsucher, beherzt und doch barmherzig ergründend, was der Mensch, diese kleine Narrenwelt, zu leiden und zu lieben, zu zweifeln und zu vollbringen vermag. Die verdienstvoll zu nennende Ausstellung im Schloß Wendhausen umfaßt erstmals das ganze bisherige Oeuvre des meisterhaften Licht- und Schattenmalers, das sind die prachtvollen Bände „Verbeugungen – Dank des Künstlers“, „Das Auge des Künstlers“ und, frisch auf dem Buchmarkt, die schamlos schönen „Akt-Zitate“.
Bravo, Wilhelm W. Reinke! Der in Braunschweig lebende Photograph scheut auch vor kühnstem Unterfangen nicht zurück: In seinen „Akt-Zitaten“ befragt er tiefgründig, ja manchmal abgründig, die Gestalten der deutschen und abendländischen Kultur, sie gleichsam vom Sockel kühler Erhabenheit in eine Gegenwart stürzend, die ganz die unsere ist.
Diese Gestalten, eben noch uns völlig entrückt, ja fremd in ihrer klassischen Starre, verwandeln sich durch den Zauber Reink’scher Photographie in Menschen aus Fleisch und Blut. Wir treffen auf Rübezahl und Rumpelstilzchen, Frau Holle und Josephine Baker, Demeter und Don Quixote ... Ein Genuß, mit wie wenig Beiwerk der Künstler auskommt und wie inbrünstig die Modelle – Kinder, Frauen, Männer, so einfach „von der Straße“ geholt – in ihre Rollen schlüpfen, ihre Nacktheit ganz bejahend. Mit dem Goetheschen Chorus Mysticus möchte man dankbar ausrufen: Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis. Das Unzulängliche, hier wird es Ereignis. Das Unbeschreibliche, hier ist es getan!

MARIO SCHATTNEY